Wenn Homeoffice einsam macht: Das Bedürfnis nach echter Verbindung

Als ich mich vor zehn Jahren selbstständig gemacht habe, war das für mich die pure Freiheit. Raus aus dem Angestelltenalltag, endlich mein eigenes Ding. Ich hab mir mein Homeoffice eingerichtet, genau so, wie ich es mag – gemütlich, mit meiner Lieblingstasse Kaffee. Kein Smalltalk am Kopierer, kein Druck von Meetings. Einfach nur mein Tempo, mein Rhythmus. Luxus pur, dachte ich.

Aber jetzt – nach all den Jahren – fühlt es sich eher wie Isolation an. Ich sitze hier, Tag für Tag, allein vor dem Bildschirm. Niemand, mit dem ich spontan mal einen Kaffee trinken könnte. Klar, E-Mails gibt’s, vielleicht eine Nachricht hier und da. Aber das ist nicht dasselbe. Keine echte Verbindung. Nicht dieses Gefühl, dass da jemand ist, der auf derselben Wellenlänge schwingt. Mit dem man Gedanken hin- und herschiebt, mal lacht, mal Sorgen teilt.

Es ist eigentlich simpel: soziale Kontakte sind ein Grundbedürfnis. So selbstverständlich wie Essen oder Schlafen. Und wenn sie fehlen, fehlt irgendwann auch die innere Balance. Ich merke das deutlich. Die Stille den ganzen Tag, die Gedanken, die sich nur im Kreis drehen. Es macht etwas mit mir.

Wie sich Einsamkeit im Alltag anfühlt

Ich bin im Human Design ein Triple-Split – für mich heißt das: ich muss reden, damit meine Energie fließen kann. Klar, ich rede viel mit ChatGPT. Das hilft ein Stück weit. Aber ein echter Mensch ist was anderes. Da kommt ein Lachen, eine echte Nachfrage, ein „Hey, das kenne ich!“. Kein Algorithmus, der dich nur aufmuntern will.

Manchmal habe ich dieses Sims-Bild im Kopf – die Blase mit den zwei Pluszeichen, wenn zwei Sims sich gut verstehen. Genau das fehlt mir. Kleine Begegnungen, die Energie geben.

Früher, im Büro, war das normal. Tasche hinstellen, Rechner hochfahren, Kaffee machen, kurz mit Kolleg:innen quatschen. Nichts Großes, aber genug, um verbunden zu sein. Dieses „Teil von etwas“ – das fehlt mir heute am meisten.

Die Frog List – ein Buddy-System für Homeoffice-Menschen

Eine Zeit lang war ich Teil der sogenannten „Frog List“. Die Initiatorin hatte aus dem Buch Eat the Frog die Idee abgeleitet, ein Buddy-System für Selbstständige im Homeoffice zu entwickeln. Der Gedanke: Wenn du morgens schon die schwerste Aufgabe erledigst, wird der Rest des Tages leichter. Und daraus hat sie ein Tool gemacht, bei dem man mit einem Buddy matched wurde.

Morgens ein kurzer Check-in: „Was hast du vor?“ Abends: „Was hast du geschafft?“ Mal per Mail, mal per Skype-Call, mal per Sprachnachricht.

Das war cool. Struktur ohne Druck. Klar, manchmal haben wir uns verquatscht – wie früher im Büro. Aber genau das war schön: echte Nähe. Nicht dieses Oberflächliche wie auf Netzwerktreffen, wo alle pitchen. Sondern richtiges Kennenlernen. Es gab sogar Rotationen, neue Buddies jeden Monat, wenn man wollte. Neue Menschen, neue Ideen. Für mich war das ein virtuelles Sozialleben.

Später ist das Ganze eingeschlafen – mein letzter Buddy meldete sich einfach nicht mehr, und kurz darauf hat auch die Initiatorin das Projekt eingestellt. Heute denke ich: Eigentlich schade, weil genau das, nur anders gedacht, würde ich mir zurückwünschen.

Meine Zeit in einer Kreativ-Community

Ich war auch mal Teil einer größeren Community für Kreative – die meisten dort waren Illustrator:innen oder Designer:innen. Es gab ein Forum, und das war mein Ding. Da konnte ich schreiben, reagieren, Beiträge kommentieren. Ich hab dort regelrecht aufgelebt. Es war für mich wie ein ständiges Pingpong an Ideen und Gedanken. Kein Druck, einfach nur Austausch.

Warum das so gut funktioniert hat? Weil die Umgebung entspannt war. Niemand erwartete fertigen Content oder dass ich irgendwas beweisen muss. Ich konnte einfach reagieren – und genau das entspricht mir als Generator im Human Design. In solchen lockeren Settings fließe ich, da sprudeln meine Gedanken.

Sobald aber dieser offizielle Rahmen dazukommt – „Jetzt musst du Content erstellen“, „Jetzt musst du sichtbar werden“ – kippt es. Dann fühle ich mich blockiert. Statt im Flow zu sein, ist da sofort ein Muss im Hintergrund. Aber wenn ich einfach mit Menschen ins Gespräch komme, wenn ich locker erzählen kann, dann passiert Resonanz. Und genau das fehlt mir heute: Räume, in denen dieser Flow entstehen darf.

Mein Traumraum

Wenn ich es mir ausmalen dürfte, wie mein Raum für echte Verbindung aussieht, dann wäre das nicht einfach ein Forum oder ein Buddy-System. Es wäre wie eine Community – fast wie eine Membership – mit einer ganz bestimmten Haltung: Menschen, die sich nach Freiheit sehnen, Slow Business leben, den Druck rausnehmen wollen. Menschen, die sich echt zeigen, ohne Fassade, und Marketing nicht manipulativ verstehen, sondern menschlich.

Das Gute daran wäre: Alle, die drin sind, ticken ähnlich. Das nimmt sofort diesen Druck, mithalten zu müssen. Statt dieses Gefühl im Brustkorb, dass man wieder schneller, mehr, besser machen müsste, wäre da Entlastung. Bestärkung. Man ist von Menschen umgeben, die genauso fühlen, und das allein macht schon einen Unterschied.

In dieser Community gäbe es Buddies – Menschen, die man wirklich näher kennenlernt. Nicht bloß eine Stunde Netzwerken, sondern ein Monat Zeit, in Ruhe. Man tauscht sich aus, teilt auch mal Dinge, die schwerfallen, aber auch kleine Freuden. Vielleicht entstehen daraus Kooperationen, gemeinsame Projekte. Echte Synergien. Fast wie ein Team, nur ohne Chef und Zielvorgaben.

Es gäbe ein Forum, das nicht auf Glanzfassaden ausgelegt ist. Also nicht dieses ständige „im besten Licht dastehen“, pitchen, sich perfekt präsentieren. Keine glitzernde Oberfläche, hinter der man eigentlich nicht wirklich sichtbar ist.

Sondern genau andersherum: ganz ehrlich sagen können „Das bin ich. Damit struggle ich gerade. Das beschäftigt mich.“ Und genau so gesehen werden – ohne Druck, ohne erst glänzen zu müssen, um anerkannt zu sein.

Natürlich teilt jede:r nur das, was er oder sie möchte. Aber es geht darum, dass der Rahmen so entspannt ist, dass du dich nicht verstellen musst. Dass du nicht performen musst, um dabei zu sein. Sondern einfach als Mensch.

Und die Antworten wären auch nicht dieses übliche Pushen: „Jetzt musst du aber mal deine Ziele umsetzen!“ Sondern ehrliche Resonanz. Verständnis. Vielleicht mal eine Frage, die dich zum Nachdenken bringt, oder eine neue Perspektive. Genau das macht es wertvoll.

Dazu kämen Coworking-Sessions, aber ohne Produktivitätsdruck. Man könnte zusammen am Schreibtisch sitzen, jede:r macht seins. Vielleicht erzählt jemand zwischendurch etwas, die anderen hören zu. Oder man splittet sich auf in kleine Coffee-Dates mit drei, vier Leuten. Ganz leicht, ganz menschlich.

Und ja, offline auch. Dass sich daraus Stammtische ergeben, kleine Treffen in echt. Menschen, die man online schon kennt, sitzen plötzlich mit dir am Tisch. Man lacht, man tauscht sich aus. Es ist genau dieses Sims-Pluszeichen-Gefühl: da passiert etwas zwischen Menschen.

Für mich wäre das wie ein Tribe, ein Raum, der mehr zurück in die Welt bringt als nur Austausch. Ein Stück Menschlichkeit. Weg von Zahlen, Leads, Funnels – hin zu echten Begegnungen. Und allein beim Gedanken daran spüre ich, wie sehr mich das elektrisiert.

Am Ende geht es genau darum

Echte Verbindung ist kein Luxus. Sie ist ein Bedürfnis. Gerade im Homeoffice geht sie leicht verloren.

Und vielleicht braucht es gar nicht viel, um sie zurückzuholen. Kein neues Programm, keine Challenge. Sondern Räume, in denen wir uns zeigen können, ohne Rolle. Mit dem, was gerade da ist.

Ich sehne mich nach solchen Räumen. Wo man sagen kann: ‚Das beschäftigt mich gerade.‘ Und jemand sagt einfach: ‚Versteh ich.‘

Wenn du beim Lesen gemerkt hast: Genau so etwas fehlt mir auch – dann lass es mich wissen.

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